Wochenbericht 26/2024

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Der rückläufige Inflationsdruck

Der Inflationsdruck der vergangenen Monate war in den meisten westlichen Ländern weiterhin rückläufig. In Grossbritannien kam die Inflation sogar zum Stillstand. Deshalb dürfte die Bank of England, welche die geldpolitischen Zügel zwischen Dezember 2021 und August 2023 insgesamt 14-mal (!) auf ein Niveau von zuletzt 5.25% anzog, bald auch dem Schweizer Vorbild folgen. In der Eurozone ist nach der ersten Senkung anfangs Juni mit weiteren zwei bis drei Leitzinssenkungen bis Ende Jahr zu rechnen. Auch wenn die Europäische Zentralbank von Sitzung zu Sitzung entscheiden wird, dürfte sie bald den Fuss von der Bremse wegnehmen und sich dem neutralen Leitzins nähern.
In den USA dürfte im September der Leitzins erstmals gesenkt werden. Da dämpft die Zentralbank mit ihrem starken geldpolitischen Bremsmanöver die expansive Fiskalpolitik (u. a. durch den Chips Act und den Inflation Reduction Act), die einen Investitionsboom ausgelöst hatte. Die eher datengetriebenen Zentralbanken wie die US Federal Reserve (Fed) blicken immer noch in den Rückspiegel, um ihre geldpolitischen Veränderungen der nahen Zukunft zu begründen. Das führt automatisch zu einem langsamen Verhalten.
Wer vorwärts blickt, kann dagegen beschleunigen und sein Ziel rascher erreichen. In diesem Sinne ist die Schweizerische Nationalbank (SNB) weltweit mit Lob eingedeckt worden. Sie hat in der vergangenen Woche bereits die zweite Leitzinssenkung vorgenommen. Die vorübergehende Phase mit Inflationsraten über der Zielbandbreite ist somit abgeschlossen. Dagegen hadert die US-Fed mit erhöhten CPI-Inflationsdaten, die sich übrigens stark aus dem eigenen geldpolitischen Kurs mit hohen Leitzinsen ergeben. Je rascher sie nun eine Leitzinssenkung einleitet, desto rascher reduzieren sich die Finanzierungskosten und damit der Inflationsbeitrag beispielweise des Bereichs Wohnen, dem derzeit bedeutendsten Inflationstreiber.
Durch das Handeln der SNB ist eine Erhöhung des Referenzzinssatzes vom Tisch. Damit fallen auch kostenbedingte Mietzinserhöhungen weg. In der Schweiz waren zuletzt nicht die stagnierenden Importpreise das Problem, sondern die «weitestgehend auf inländische Dienstleistungen» ausgerichtete Teuerung. Dafür verantwortlich sind etwa zur Hälfte die Mieten (die aufgrund der geldpolitisch bedingt höheren Finanzierungskosten erhöht wurden). Mit ihrem Schritt durchbricht die SNB das Risiko einer weiteren Leitzins-Referenzzinssatz-Mietpreis Inflationsspirale. Der Leitzins bewegt sich mit 1.25% nahezu auf seinem neutralen Niveau. Die Renditen der zehnjährigen Eidgenossen-Anleihen liegen bei 0.5%, jene der zweijährigen Anleihen liegt derzeit noch bei 0.7%. Die Aussichten auf eine Normalisierung der Zinsstrukturkurve bedeutet, dass die kurzfristigen Zinsen sich weiter verringern dürften.
In diesem Zusammenhang spielen die Alternativen auf den Kapitalmärkten eine zentrale Rolle. Wer Renditeziele verfolgt, die über der Inflationsrate liegen, kommt nicht um einen stattlichen Anteil von Realanlagen herum. Naheliegend ist im Kern eines Portfolios eine zukunftsgerichtete, diszipliniert orchestrierte Auswahl von Schweizer Aktien, mit der sich eine Gewinnrendite von 6% über die nächsten Jahre hinweg erzielen lässt.

Thema der Woche: Roche mit Rückenwind

In der vergangenen Woche ist der Swiss Market Index leicht auf 12’012 Punkte (-0.3%) zurückgegangen. Während Nestlé knapp 2% einbüsste, legte Roche 2% zu. Der Basler Pharmakonzern übertraf den stagnierenden SMI im vergangenen Monat um satte 9% und geniesst weiterhin Rückenwind. Insbesondere amerikanische Hedge Fonds finden Gefallen an den Aussichten von Roche. Der Wiedereinstieg in die Medikamentenentwicklung zur Behandlung von Fettleibigkeit und Diabetes vom Typ 2 könnte sich lohnen. Die Phase I Studienergebnisse waren jedenfalls herausragend. Normalerweise reagieren Aktien nicht auf Resultate aus dieser frühen Phase, doch bewegt sich Roche damit in einem lukrativen Markt, dessen Gesamtvolumen im Jahr 2030 auf global rund 100 bis 130 Milliarden Franken geschätzt und auf absehbare Zeit von Eli Lilly und Novo Nordisk dominiert wird.

Spürbar erholt haben sich übrigens die im letzten Wochenbericht erwähnten europäischen Wertpapiere. Vinci, Axa und SAP legten alle um je knapp 4% zu; bei Schneider Electric und Siemens war die Kursentwicklung ebenfalls positiv, aber etwas moderater. Die europäische Konjunktur gewinnt von einem tiefen Niveau aus an Fahrt. Bereits in den nächsten 12 Monaten dürfte sie 1.5% zulegen. Vor allem ostmitteleuropäische Staaten, aber auch Grossbritannien sind auf einen soliden Wachstumskurs zurückgekehrt.

Für Deutschland hat das ifo Institut für Wirtschaftsforschung seine Prognose für das Wirtschaftswachstum im laufenden Jahr heraufgesetzt. In Rheinland-Pfalz will Eli Lilly 2.5 Milliarden Euro in den Bau einer neuen Hightech-Produktionsstätte investieren, um das Netzwerk für injizierbare Medikamente und die dazugehörenden Injektionshilfen (sog. «Pens») auszubauen. Auch Amazon hat grosse Pläne verkündet. Der Techriese will Rechenzentren im Rhein-Main-Gebiet bauen, um das Cloudgeschäft in Europa («AWS European Sovereign Cloud») zu stärken. Insgesamt bezifferte der Konzern die Gesamtsumme der derzeit in Deutschland geplanten Investitionen auf 17.8 Milliarden Euro. Deutschland bleibt das Herzstück sämtlicher gesamteuropäischer Investitionen von Amazon.

Das sind positive Nachrichten aus unserer nördlich gelegenen Nachbarschaft, wo die reale Kaufkraft der privaten Haushalte durch die gesunkene Inflation und die höheren Löhne gestärkt wird. Für das kommende Jahr wird mit einer Inflationsrate von 1.7% gerechnet. Weil Deutschland immer auch vom weltweiten Handel profitiert, dürfte die Industrieproduktion weiter zulegen und zur wirtschaftlichen Belebung ebenfalls beitragen.

Die wichtigsten Termine in der neuen Woche

24. Juni 2024 Deutschland: ifo Geschäftsklima und Konjunkturerwartungen Juni
25. Juni 2024 Kanada: Kerninflation und Inflation Mai
27. Juni 2024 USA: Auftragsentwicklung Dauerhafte Konsumgüter Mai
28. Juni 2024 USA: PCE-Kerninflation und Inflation Mai

Rückblick

Zugerberg Finanz Wirtschafts- und Börsenausblick – Juni 2024

Am 17. und 19. Juni 2024 fand die 33. Ausgabe des Zugerberg Finanz Wirtschafts- und Börsenausblickes zum Sonderthema «Licht im Dunkeln. Schwarze Löcher, das Universum und wir.» statt. Wir durften dabei insgesamt etwas mehr als 400 Gäste zu einer Abendveranstaltung im KKL Luzern sowie 500 Gäste zu einer Mittags- und Abendveranstaltung im Theater Casino Zug begrüssen. Das Interesse war überwältigend.

Angetrieben von einer anhaltend positiven Wirtschaftsentwicklung entwickelten sich die Aktienmärkte im ersten Halbjahr 2024 erfreulich, während es an den Obligationen- und Immobilienmärkten nichts zu verdienen gab («Higher for longer», was die Zinsen betrifft). Die befürchtete Rezession trat erneut nicht ein.

Das Referat von Prof. Dr. Heino Falcke war sehr spannend. Ein leidenschaftlicher Astrophysiker und guter Redner mit einem überaus interessanten Thema. Wir sind ein Sandkorn auf einem Sandkorn. Es gibt Milliarden von Galaxien, Planeten und Sternen. Und die Sterne haben etwas gemeinsam mit uns: Auch sie können am Schluss nichts mitnehmen. Kümmern Sie sich also um Ihre Vorsorge und die notwendigen Papiere.

Wir blicken zurück auf drei sehr gelungene Anlässe mit tollen Gästen, interessanten Referaten, vielen guten Gesprächen, einer grossen Prise Humor, feiner Verköstigung und vielen tollen Feedbacks der Anwesenden.

Den ausführlichen Rückblick und die Anmeldung für die Videoaufzeichnung finden Sie hier. Impressionen von den Anlässen gibt es in unserer Bildergalerie.

Marktdaten

Aktienmärkte Seit 31.12.23
SMI 12'012.9 +7.9%
SPI 15'969.7 +9.6%
DAX € 18'163.5 +8.4%
Euro Stoxx 50 € 4'907.3 +8.5%
S&P 500 $ 5'464.6 +14.6%
Dow Jones $ 39'150.3 +3.9%
Nasdaq $ 17'689.4 +17.8%
MSCI EM $ 1'086.9 +6.2%
MSCI World $ 3'507.8 +10.7%
Obligationenmärkte Seit 31.12.23
SBI Dom Gov TR 215.3 +0.2%
SBI Dom Non-Gov TR 116.2 +1.0%
Immobilienmärkte Seit 31.12.23
SXI RE Funds 478.5 +3.5%
SXI RE Shares 3'206.6 –0.1%
Rohstoffe Seit 31.12.23
Öl (WTI; $/Bbl.) 80.7 +12.7%
Gold (CHF/kg) 66'731.0 +19.6%
Wechselkurse Seit 31.12.23
EUR/CHF 0.9562 +2.9%
USD/CHF 0.8939 +6.2%
EUR/USD 1.0693 –3.1%
Kurzfristige Zinsen
3M Prog. 3M Prog. 12M
CHF 1.20% 1.7%–1.9% 1.2%–1.3%
EUR 3.69% 3.7%–4.0% 3.0%–3.2%
USD 5.34% 5.3%–5.5% 4.0%–4.3%
Langfristige Zinsen
10-Jahre Prog. 3M Prog. 12M
CHF 0.67% 0.7%–1.0% 0.8%–1.1%
EUR 2.40% 2.2%–2.5% 2.0%–2.2%
USD 4.26% 3.6%–3.8% 3.0%–3.3%
Teuerung
2022 2023 2024P
Schweiz 2.8% 1.5% 1.3%
Euroland 8.5% 2.6% 2.2%
USA 8.0% 3.0% 2.0%
Wirtschaft (BIP real)
2022 2023 2024P
Schweiz 2.2% 1.3% 1.6%
Euroland 3.3% 1.2% 1.8%
USA 1.9% 2.6% 2.0%
Global 3.0% 2.9% 3.0%
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