Wochenbericht 15/2025

Handelskrieg statt Diplomatie
Der US-Präsident Donald Trump hat am 2. April die amerikanische Wirtschaft wie auch die Weltwirtschaft schwer geschädigt. Die USA hatten mit der jahrzehntelangen Tradition, sich für freien Handel und Globalisierung einzusetzen, brachial gebrochen. Statt Handelsdiplomatie herrscht nun ein entfesselter Handelskrieg. Da Zölle ähnlich wie Steuern wirken, leitete Donald Trump die stärkste Steuererhöhung in den USA seit 1968 in die Wege. Der eigenen Bevölkerung wird aggressiv derart viel Kaufkraft entzogen, dass die Rezessionswahrscheinlichkeit deutlich stieg und zu einem hektischen Ausverkauf an den Aktienmärkten führte.
Am heftigsten traf es die US-Märkte, wo die Jobangst zunahm. Genau umgekehrt verhielt es sich jüngst mit dem Konsumentenvertrauen angesichts der steigenden Inflation. Die letzten zwei Handelstage verkörperten den schlimmsten Aktienmarktrückgang seit der Covid-Pandemie im März 2020. Inzwischen liegt der technologiebezogene US-Nasdaq-Index mehr als 20% tiefer seit seinem Höchststand Mitte Februar 2025 – in Dollar notabene. Da der Dollar seit Jahresbeginn auch schon mehr als 5% gegenüber den Franken einbüsste, sieht das Tableau in Franken noch schlimmer aus. Das ist keine Korrektur mehr, das ist eine Baisse.
Die Angst lässt sich durch den VIX bemessen. Dieser drückt die erwartbare Schwankungsbreite des breit aufgestellten US-Index S&P 500 aus. Zur Berechnung werden Optionspreise herangezogen. In der vergangenen Woche ist der Index von rund 21 auf 45 hochgeschnellt – das ist der höchste Stand seit April 2020.
Die Rohölnotierungen (-13% in zwei Tagen) fielen in der Erwartung einer geringeren Nachfrage deutlich, weil China mit Gegenzöllen reagierte und der US Federal Reserve Chairman Jerome Powell keinen Anlass sah, die Leitzinsen unmittelbar zu senken, denn die durch die Handelspolitik erhöhte Inflation zu bekämpfen stünde im Vordergrund. Der Internationale Währungsfonds forderte die USA und ihre Handelspartner auf, konstruktiv am Abbau der Spannungen durch den Zollstreit zu arbeiten. Angesichts des schleppenden Wachstums der Weltwirtschaft berge die jetzige Situation eindeutig ein erhebliches Risiko, warnte IWF-Chefin Kristalina Georgiewa.
Handelsgewichtet liegen derzeit die Schweizer Importzölle 2% tiefer als jene der USA. Ausserhalb der Landwirtschaft wurden Importzölle für Produkte abgeschafft. Die von den USA «errechnete» Importbehinderung der Schweiz, die Zöllen von über 60% entsprechen soll, ist absurd hoch. Dazu zählt das Moratorium für gentechnisch veränderte Organismen sowie Mindestvorschriften für Streaming-Dienste zur Förderung des Schweizer Films («Lex Netflix»).
Die Negativzinsen sind zurück. In der Schweiz sind die kurzfristigen Anleihen erstmals wieder mit einer negativen Verfallsrendite versehen. Kaum jemand wünscht sich die Negativzinsperiode zurück. Fakt ist, dass die Schweizerische Nationalbank selbst mit ihrem Leitzins von 0.25% nicht mehr weit von der Nullzinsmarke entfernt ist. Eine weitere Lockerung um 25 Basispunkte ist realistisch, denn selbst die Inflationsrate bewegt sich unter Ausklammerung der Mieten leicht im Minus.
Thema der Woche: Ausverkauf – «25% günstiger»
Normalerweise ändert sich die Welt nicht so rasch, und das macht die Weltwirtschaft berechenbar. Doch derzeit ist sie unberechenbar geworden. Weil wir nicht wissen, welche weiteren Pläne im Weissen Haus geschmiedet werden und wie die anderen Länder darauf reagieren. Es macht wenig Sinn, zu behaupten, es liesse sich eine verlässliche Prognose abgeben. Die «harten» Fakten an Wirtschaftsdaten bleiben nach wie vor robust, die «weichen» Stimmungsfaktoren fielen in den letzten Tagen erschreckend rasch.
Wenn man allerdings vor der Frage steht, ob man investieren soll oder nicht, ist doch eines interessant: Wie im Frühlingsausverkauf werden derzeit an den Aktienmärkten Kurse offeriert, die «10% günstiger» oder «25% günstiger» als vor ein paar Wochen sind. Der Swiss Market Index wurde parallel zum Durchschnitt der europäischen Aktien in nur fünf Handelstagen 9.3% leichter. Bei der US-Techbörse Nasdaq waren es 12.1% und beim breiten US-Index S&P 500 11.2%.
Dabei handelt es sich immer noch um dieselbe «Ware». Oder haben Sie plötzlich zuhause weniger Netflix-Filme geschaut, ihr iPhone weniger benutzt, weniger Nespresso getrunken und weniger Katzenfutter gekauft? Die Welt funktioniert weiterhin. Wer langfristig denkt, investiert verstärkt in Zeiten von hoher Volatilität. Wenn viele verängstigt sind, fallen die Kurse, nicht jedoch die zugrundeliegende Qualität. Nestlé bleibt Nestlé, Swiss Life verfolgt immer noch mit viel Rückenwind denselben ambitionierten Dreijahresplan und profitiert dabei von tieferen Zinsen, Holcim wird in den nächsten Jahren noch stärker und die Margen beim weltweit führenden Bauchemieunternehmen Sika dürften aufgrund der ergriffenen Massnahmen weiterhin zulegen.
In derartigen Zeiten Aktien zu veräussern ist erfahrungsgemäss ein schlechter Ratschlag. Das Gegenteil erachten wir als richtig und langfristig massiv wertgenerierend. Auch zeigt sich in dieser Phase der Wert eines «balancierten» Portfolios. Während die Aktienmärkte südwärts verliefen, sind die Anleihensmärkte weiterhin ziemlich gesund. Unsere Anleihensbestände haben sich seit Jahresbeginn als Portfolio-Stabilisatoren erwiesen. Und unsere Immobilien- und Infrastrukturwerte entwickelten sich deutlich besser als der Markt. Zudem hilft uns, dass die US-Technologiewerte in unseren Portfolios untergewichtet sind und wir den Schwerpunkt Schweizer Qualitätsaktien verfolgen.
Stand heute haben wir entschieden, investiert zu bleiben. Wir analysieren und überprüfen die Situation aber laufend neu.
Die wichtigsten Termine in der neuen Woche
8. April 2025 | USA: NFIB Small Business Optimism Index März |
9. April 2025 | Mexiko: CPI-Inflation März |
10. April 2025 | China, USA: CPI-Inflation und Kerninflation März |
11. April 2025 | USA: Produzentenpreise, Uni Michigan Konsumentenvertrauen April |
Kommentar
Wir gehen davon aus, dass es zu Beginn dieser Woche weiterhin noch etwas ruppig bleiben dürfte. Der VIX befindet sich auf einem Niveau der Panik. Der Versuch, den Welthandel zugunsten der USA neu zu gestalten, zwingt grenzüberschreitend tätige Unternehmen, ihre Geschäftspläne zu überprüfen. Aktienstrategen haben deshalb ihre Prognosen gekürzt. Die Unsicherheit veranlasste viele Investoren, ihre ETFs zu verkaufen.
Passive ETF-Investoren lassen ganze Märkte sinken. Das reisst in der Kürze alles mit. Wir möchten jedoch betonen, dass unsere Portfolios aus zahlreichen Bausteinen aktiv geführt sind. Wir haben ganz bewusst ein Schwergewicht in Schweizer Qualität. Das beginnt bei der Währung und setzt sich bei den Aktien und Anleihen fort.
Eine Strategie wie die «balancierte» Risikoklasse 3 (max. 60% Aktien) besteht aus rund 80% Franken, 8% Euro und 12% Dollar. Die US-Technologiewerte machen nicht mehr als 8% aus. Wir haben in den letzten Wochen, als die Anspannung stieg, unsere Positionierung laufend leicht angepasst, auch innerhalb der Anleihensquote von 42%. Das grösste Risiko sind die rund 35% Schweizer Aktien. Doch da achten wir sehr auf eine strikte Selektion von qualitativ überzeugenden Geschäftsmodellen.
Und wir messen unsere Strategie auch an der Performance von vergleichbaren passiven Strategien. Seit Jahresbeginn liegen wir im Fall der Risikoklasse 3 derzeit über 3% besser als der BVG-60 Index von Pictet. Das ist ein grosser Unterschied, und in schwierigen Zeiten auch ein Stück Zuversicht, dass sich aktives Handeln lohnt.
Cyrill von Burg
Chief Investment Officer
Marktdaten
Aktienmärkte | Seit 31.12.24 | ||
---|---|---|---|
SMI | 11'648.8 | +0.4% | |
SPI | 15'547.8 | +0.5% | |
DAX € | 20'641.7 | +3.7% | |
Euro Stoxx 50 € | 4'878.3 | –0.4% | |
S&P 500 $ | 5'074.1 | –13.7% | |
Dow Jones $ | 38'314.9 | –9.9% | |
Nasdaq $ | 15'587.8 | –19.3% | |
MSCI EM $ | 1'087.6 | +1.1% | |
MSCI World $ | 3'326.3 | –10.3% |
Obligationenmärkte | Seit 31.12.24 | ||
---|---|---|---|
SBI Dom Gov TR | 219.9 | –1.7% | |
SBI Dom Non-Gov TR | 120.2 | –0.4% |
Immobilienmärkte | Seit 31.12.24 | ||
---|---|---|---|
SXI RE Funds | 551.7 | +1.5% | |
SXI RE Shares | 3'956.4 | +7.9% |
Rohstoffe | Seit 31.12.24 | ||
---|---|---|---|
Öl (WTI; $/Bbl.) | 62.0 | –13.6% | |
Gold (CHF/kg) | 84'082.4 | +9.8% |
Wechselkurse | Seit 31.12.24 | ||
---|---|---|---|
EUR/CHF | 0.9432 | +0.3% | |
USD/CHF | 0.8608 | –5.1% | |
EUR/USD | 1.0956 | +5.8% |
Kurzfristige Zinsen | |||
---|---|---|---|
3M | Prog. 3M | Prog. 12M | |
CHF | 0.21% | 0.2%–0.5% | 0.2%–0.5% |
EUR | 2.32% | 1.9%–2.1% | 1.7%–1.9% |
USD | 4.28% | 4.0%–4.4% | 3.4%–3.8% |
Langfristige Zinsen | |||
---|---|---|---|
10-Jahre | Prog. 3M | Prog. 12M | |
CHF | 0.47% | 0.6%–0.9% | 0.5%–0.7% |
EUR | 2.55% | 2.8%–3.0% | 2.5%–2.8% |
USD | 3.99% | 4.3%–4.6% | 3.8%–4.2% |
Teuerung | |||
---|---|---|---|
2024 | 2025P | 2026P | |
Schweiz | 0.7% | 0.5% | 0.5% |
Euroraum | 2.2% | 1.8% | 1.8% |
USA | 2.8% | 2.5% | 2.3% |
Wirtschaft (BIP real) | |||
---|---|---|---|
2024 | 2025P | 2026P | |
Schweiz | 1.8% | 1.8% | 1.8% |
Euroraum | 1.5% | 1.6% | 1.7% |
USA | 2.6% | 1.8% | 2.0% |
Global | 3.0% | 3.0% | 3.0% |