Marktkommentar: Handelsstreit, Umgang mit der Volatilität

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An den internationalen Kapitalmärkten kam es in der vergangenen Woche zu einem Ausverkauf bei den Aktien, insbesondere am Donnerstag und Freitag. Der Verkaufsdruck setzt sich heute in Asien fort und erfasst erneut auch Europa und auch die US-Futures liegen heute deutlich in Minus. Wir befinden uns mitten in der stärksten und schnellsten Abwärtsbewegung seit dem Covid-19 Einbruch. Die Volatilität, welche oftmals auch als Angstbarometer der Börsen bezeichnet wird, stieg in den letzten Tagen von unter 20% auf über 50% an.

Hintergrund für die starke Abwärtsbewegung sind die von der Regierung Trump angekündigten Handelszölle auf Importe anderer Länder. Befeuert wurde die schlechte Stimmung zudem von den anschliessenden Vergeltungszöllen seitens China.

Die Unsicherheit dürfte anhalten. Es ist nicht mit einer schnellen Lösung zu rechnen. Die Volatilität dürfte entsprechend hoch bleiben. Die Anleger fragen sich momentan, was die Motive der Regierung Trump sind. Geht es nur darum, Druck auszuüben? Sollen die erhobenen Zölle tatsächlich aufrecht erhalten bleiben? Ist die Verhängung von Zöllen abgeschlossen, oder folgen noch weitere (z. B. in der Pharma- oder Halbleiterindustrie)? Oder ist die Absicht von Donald Trump, die USA in eine Rezession zu führen? Eine Rezession hätte deutlich tiefere Zinsen zur Folge, was ein primäres Ziel von Donald Trump ist (auch angesichts der laufend zu erneuernden Staatsschulden der USA).

Wir gehen aktuell davon aus, dass die Zölle mittelfristig sinken werden. Die US-Aktienmärkte werden inklusive heute um über 20% von ihrem Höchststand korrigiert haben und befinden sich damit offiziell in einem Bärenmarkt. Dadurch wird nun der Druck aus Politik und Unternehmen auf Donald Trump massiv zunehmen. Zudem dürften Abkommen mit diversen Ländern und Branchen getroffen werden. Über welchen Zeithorizont dies passiert, ist momentan jedoch sehr unklar.

Sollte die Verunsicherung anhalten, dürfte auch die amerikanische Notenbank Fed ins Spiel kommen. Wir rechnen nicht damit, dass die Fed im laufenden Jahr die Zinsen deutlich stärker senken wird als ursprünglich geplant. Sie achtet traditionell nicht auf Börsenkurse. Allerdings hat sie auch die Vollbeschäftigung als Ziel, und derzeit wächst die Arbeitslosigkeit in den USA. Sie befindet sich die Fed im Dilemma zwischen Inflationsbekämpfung und geldpolitischer Unterstützung der Wirtschaft. Daher besteht auch bezüglich Zinssenkungen aktuell eine hohe Unsicherheit. Zum jetzigen Zeitpunkt geht der Markt von fünf Zinssenkungen der Fed in diesem Jahr aus und damit deutlich mehr als die ursprünglich erwarteten zwei Senkungen.

Wir sind der Meinung, dass bereits eine leichte Rezession in den Aktienkursen eingepreist ist. Sollte die Weltwirtschaft tatsächlich in eine starke Rezession stürzen, dürfte dies momentan noch nicht vollständig in den Aktienkursen eingepreist sein. In diesem Szenario haben die Aktien vermutlich weitere 10-15% Abwärtsrisiko. Dass die Wirtschaft in eine schwere Rezession fällt, ist Stand heute nicht unser primäres Szenario.

Eine Kehrtwende von Donald Trump kann nicht ausgeschlossen werden. Trotzdem dürften sich kurzfristig die Nachrichten allenfalls noch einmal verschlechtern, sei es durch weitere Vergeltungszölle, zum Beispiel der EU, oder eine erneute Reaktion der USA auf die Vergeltungszölle durch China.

Angesichts der hohen Unsicherheit macht es Sinn, vergangene Korrekturen ähnlichen Ausmasses zu analysieren, um eine Grundlage für die Überlegungen zu schaffen. In den 12 Fällen seit 1945, in denen der S&P500-Index von seinem Höchstwert um 20% oder mehr nachgab, kam es in den Jahren darauf zu folgender Entwicklung:

  • 12 Monate nach dem Einbruch:
    Positive Rendite in 67% der Fälle, durchschnittliche Rendite von 12.9%.
  • 36 Monate nach dem Einbruch:
    Positive Rendite in 91% der Fälle, durchschnittliche Rendite von 29.2%.
  • 60 Monate nach dem Einbruch:
    Positive Rendite in 100% der Fälle, durchschnittliche Rendite von 52.7%.

Empirisch gesehen empfiehlt es sich daher eindeutig, investiert zu bleiben. Die Historie zeigt auch auf, dass die besten Börsentage des Jahres oftmals direkt neben den schlechtesten Tagen liegen. Die Märkte sind massiv überverkauft und eine Gegenbewegung könnte jederzeit stattfinden. Die Chance, nach einem Panik-Verkauf den Wiedereinstieg zu verpassen, ist sehr gross. Letztmals zeigte sich dies deutlich im Covid-19 Crash. Es war damals genauso schmerzhaft, investiert zu sein, wie heute, aber es war das einzig richtige, investiert zu bleiben. Ganz allgemein lässt sich sagen, dass Korrekturen wie die aktuelle zum Investieren dazugehören. Den «Honigtopf der Aktienrenditen» von durchschnittlich 6-7% jährlich erkauft man sich mit der Fähigkeit, solche Turbulenzen durchzustehen.

Unser Investment Committee unter Leitung von Cyrill von Burg hat heute entschieden, investiert zu bleiben. Eine tiefe Rezession ist nicht unser Basisszenario. Vielmehr rechnen wir damit, dass es zumindest mittelfristig zu einer deutlichen Verbesserung der Zoll-Situation kommen wird. Wenn beispielsweise die einzelnen hohen Zölle sistiert und stattdessen «nur» der Basiszoll von 10% eingeführt wird, dürfte dies das US-BIP «lediglich» um ca. 0.5% reduzieren. Auch auf die Inflation dürfte dieses Szenario nur eine marginale Auswirkung haben.

Wir möchten darauf hinweisen, dass unsere Portfolios aus soliden, gut etablierten und marktführenden Unternehmen bestehen, mit einem hohen Fokus auf Schweizer Unternehmen und den Schweizer Franken. Eine Strategie wie die «balancierte» Risikoklasse 3 (max. 60% Aktien) besteht aus rund 80% Franken, 8% Euro und 12% Dollar. US-Technologiewerte machen nicht mehr als 8% aus. Wir haben in den letzten Wochen, als die Anspannung stieg, unsere Positionierung laufend leicht angepasst, auch innerhalb der Anleihensquote von 42%. Das grösste Risiko sind die rund 35% Schweizer Aktien. Doch da achten wir sehr auf eine strikte Selektion von qualitativ überzeugenden Geschäftsmodellen. Zudem stehen wir in mitten der Dividendensaison, welche für ein zusätzliches Cash-Polster sorgen wird.

Wir werden auf Tagesbasis analysieren, beurteilen und schliesslich entscheiden, wie wir weiter vorgehen. Unser Entscheid, investiert zu bleiben, kann sich somit jederzeit ändern.

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