Von der Rhetorik zur Realität

Mit der Inauguration von Donald Trump zum US-Präsidenten am heutigen 20. Januar 2025 beginnt nicht nur in den USA ein neues Zeitalter. Wir erwarten, dass er den Fokus seiner Politik auf den Nutzen für die eigenen 50 Bundesstaaten legt. Auch die Aussenpolitik (Kanada als «51. Bundesstaat», Mexiko und Migration, China und Zölle) beginnt im Innern. Wenn er glaubwürdig Arbeitsplätze schaffen will, kommt er nicht darum herum, auch die engsten Handelspartner und grenzanliegenden Staaten Kanada und Mexiko unter Druck zu setzen.

Vorrangig gilt es zudem, den Hauptgegner zu definieren. War dies für die USA in den 50 Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg die Sowjetunion, so ist dies heute und morgen die Volksrepublik China. Entsprechend verlagert sich der sicherheitspolitische Schwerpunkt vom Atlantikbündnis NATO auf die Freunde im Pazifik, die er zu einer engen Allianz gestalten will. Dazu werden Ressourcen gebündelt und Europa entzogen, um die pazifische Schlagkraft zu erhöhen. Das Interesse an den Entwicklungen in Israel und Iran wie auch in der Ukraine dürfte ebenso wie die finanziellen und sicherheitsbezogenen Engagements geringer werden.

Um in Europa eine glaubwürdige Friedenssicherung betreiben zu können, wird dies vorerst einmal wesentlich höhere Verteidigungsetats von europäischen Ländern benötigen. Hinzu kommen Investitionen in die Infrastruktur (Bahn, Strassen, Brücken, Telekommunikation), welche in den vergangenen Jahrzehnten vielerorts vernachlässigt wurden. Weitere Investitionen bedarf es in den Bereichen Künstliche Intelligenz und Automation, um den Rückstand gegenüber den USA nicht noch deutlicher anwachsen zu lassen. Schliesslich sind auch zahlreiche Investitionen im Bereich Energie (Produktion, Verteilung, Speicherung) notwendig, um sich mit wettbewerbsfähigen Preisen und hoher Versorgungssicherheit im Sommer wie auch im Winter zu behaupten.

Es bestehen kaum Zweifel, dass die nordamerikanische Volkswirtschaft robust weiterwachsen wird. Interessant ist vielmehr, dass die postpandemisch durchgeführten Umfragen von renommierten Instituten immer wieder eine Rezession herbeiprognostizierten. Sie erwiesen sich allesamt als viel zu pessimistisch, und von einem wirtschaftlichen Niedergang ist die USA weit entfernt. Mit der Wahl von Donald Trump schnellten vor allem die KMU-orientierten Umfrageergebnisse in die Höhe. Möglicherweise erweisen sich diese als zu optimistisch. Was jedoch klar ist: Wirtschaftlich kehrt mit Donald Trump ein positives Anlegersentiment und ein frischer Optimismus zurück ins Weisse Haus.

Zugleich bestehen keine Zweifel, dass Europa auf den globalen Kapitalmärkten an Anerkennung und Hochschätzung eingebüsst hat. Eine europäische Unternehmung kämpft nicht nur mit den hiesigen Standortnachteilen, sondern auch noch mit einem Bedeutungsverlust. Umso interessanter könnte es werden, wenn demnächst einige positive Überraschungen das düstere Bild aufhellen könnten. Vielleicht liegt der Tiefpunkt des «Europa-Bashings» bereits hinter uns. Das könnte auch dem Schweizer Markt zu mehr Rückenwind verhelfen.