Wochenbericht 50/2024

Publikationen

Die Liquidität nimmt ab

Die Banken und Versicherungen schliessen allmählich ihre Anlagegefässe für die Festtagsperiode und die Liquidität nimmt nun wenige Handelstage vor dem Jahresabschluss rapide ab. Grosse Änderungen sind an den Kapitalmärkten bis Ende Jahr nicht mehr zu erwarten. Der Swiss Market Index (SMI) veränderte sich in der vergangenen Woche kaum (+0.1%). Ein paar höheren Bewertungen in der ersten Dezember-Woche (Amazon +8%, SAP +7%, Siemens und Flughafen Zürich je +5%) standen ein paar tieferen Bewertungen gegenüber (Swiss Life und Novartis je -4%).
Vor dem Jahresende halten sich die Unternehmen mit Nachrichten eher zurück. Am Investorentag der Swiss Life ging es allerdings um den strategischen Ausblick für die Jahre 2025 bis 2027. Das liess tief in die Vorstellungen der Wirtschaftsentwicklung der kommenden Jahre blicken, welche die Grundlage für die ambitionierten Ziele bilden.
Die Wirtschaft jedenfalls scheint solide unterwegs. Das annualisierte BIP der USA dürfte sich im vierten Quartal um 2.5% bis 3.0% erhöhen, in Europa insgesamt um etwa 1.5%. Allmählich wandert der Fokus von der Geldpolitik ab, welche die Inflation erfolgreich bekämpfte, und wendet sich verstärkt der Fiskalpolitik zu. Dort sind am ehesten Überraschungsmomente zu erwarten.
Wirtschaftspolitisch, nicht nur fiskalpolitisch, reformbedürftig erweisen sich Frankreich und Deutschland. Insbesondere Deutschland hat an Wettbewerbsfähigkeit eingebüsst. Es gilt jedoch nicht nur auf die ökonomischen Schwächen einer einzelnen Nation zu reagieren und weiterhin nationalstaatliche Eigeninteressen zu verfolgen, sondern mit der Vollstreckung zahlreicher Massnahmen einen echten europäischen Binnenmarkt zu erzeugen. Dieser hätte durchaus Wachstumsperspektiven. In diesem Sinne wird der Wettbewerbsdruck aus den marktfreundlichen USA gewiss auch für Rückenwind für jene Kräfte sorgen, welche sich für strukturelle Reformen, Deregulierungen und niedrigere Unternehmenssteuern einsetzen. Die Unsicherheit hinsichtlich der Rahmenbedingungen in Europa sorgt für einen immer grösser werdenden Aufschub an (dringend notwendigen) Investitionen.
Die vorgezogenen Neuwahlen im Februar bieten Deutschland insofern die Gelegenheit für einen Neustart. Denn mit einer stagnierenden Wirtschaft lässt sich der gegenwärtige Wohlfahrtsstaat nicht mehr finanzieren. Zudem macht der deutschen Industrie auch die Konkurrenz chinesischer Hersteller zu schaffen. Besorgniserregend ist ausserdem die Zeitverschwendung in deutschen Unternehmen. Mehr als ein Fünftel der Arbeitszeit geht für Bürokratie auf, geht aus einer Umfrage des ifo Instituts hervor – sofern man überhaupt zur Arbeit erscheint. Denn krass ist mittlerweile auch die Zahl von «Krankheitstagen» in Deutschland: Berufstätige sind im Durchschnitt während 25 Tagen krankgeschrieben. Hinzu kommen 31 Ferientage. Das reduziert die Produktivität erheblich und passt gewiss nicht zur Metapher der (früheren) Wirtschaftslokomotive Europas.
Das Negative manifestiert sich auch in Umfragen. Nur knapp ein Drittel der befragten Unternehmen erwartet demnach positive Entwicklungen für ihre Branche in der Bundesrepublik für das kommende Jahr – ein historischer Tiefstand.

Thema der Woche: Wirtschaftsstärke

Längst sind die Propheten am Schweigen, welche die USA in einer Rezession sahen. Für einige hätte die Rezession schon 2023 beginnen müssen, andere beharrten aufs Jahr 2024. Doch die Resilienz der Märkte und die Kraft der Innovation wurden wohl falsch bewertet. Berühmte Ökonomen wie Mike Wilson, Chief Investment Officer bei Morgan Stanley, haben die Wirtschaftsstärke in den USA stark unterschätzt. Ihre Aktienprognosen waren schwärzer als die Nacht.
Der Chefstratege Marko Kolanovic von JP Morgan musste gar seinen Sessel räumen. Der amerikanische S&P 500 Index liegt mittlerweile knapp 50% über seiner Prognose. Mit jedem Rekordhoch des amerikanischen Leitindex kam die weltgrösste Bank durch ihre negativen Prognosen in Gesprächen mit wichtigen Kunden immer mehr unter Druck. 57 Mal erzielte der Index im Jahresverlauf 2024 ein neues Rekordhoch. Inzwischen liegt er bei 6’090 Punkten (+27.7%) und rund 60% höher als vor zwei Jahren.
Mittlerweile attestiert selbst Nouriel Roubini der US-Wirtschaft eine solide Stärke. Bei Jerome Powell, der diese Meinung teilt, weiss man nicht genau, ob damit ein geldpolitisches Bremsmanöver verbal geschickt vor der kommenden Federal Reserve Sitzung vom 18. Dezember eingeleitet wurde.
Eine Schweizer Unternehmung nutzt diese Stärke: Holcim. Die Abspaltung des Nordamerika-Geschäfts benötigt die Zustimmung der Aktionäre an der ordentlichen Generalversammlung vom 14. Mai 2025. Die Trennung des Geschäfts in den USA und Kanada werde – wie bereits bekannt – bis Ende des ersten Halbjahres 2025 erwartet, liess der Baustoffkonzern weiter verkünden.
Die US-Gesellschaft wird aber auch in Zürich kotiert bleiben. Eine Doppelkotierung hätte den gewichtigen Vorteil für Schweizer Investoren: Sie könnten dadurch bei der abgespaltenen neuen nordamerikanischen Firma investiert bleiben und das Geschäft den «Schweizer Aktien» zuordnen.
Das künftig unabhängige Nordamerika-Geschäft soll einen Umsatz von über 11 Milliarden Dollar erreichen. Hintergrund sind die billionenschweren Investitionsprogramme der US-Regierung: «Sie werden in den nächsten acht bis zehn Jahren zu nie dagewesenen Ausgaben für die Bauindustrie führen», sagte Holcim Präsident Jan Jenisch bei der Ankündigung des Deals Anfang Jahr. Die Aufspaltung sei nötig, um das Potential gänzlich auszuschöpfen und voll durchzustarten. Eben auch aktienmässig.

Die wichtigsten Termine in der neuen Woche

9. Dezember 2024 China: Konsumenten- und Produzentenpreisentwicklung November
11. Dezember 2024 USA: CPI-Kerninflation und Inflation November
12. Dezember 2024 Schweiz: SNB Geldpolitische Lagebeurteilung Dezember
13. Dezember 2024 Frankreich: CPI und HICP Inflation November

Veranstaltungen

Zugerberg Finanz Marktupdate – Dezember 2024

Wie weit und wie rasch werden im Jahr 2025 geldpolitische Lockerungen in den USA, in der Eurozone und in der Schweiz vorgenommen? Wie hoch sind die marktimpliziten Erwartungen?

Datum: Di., 17. Dezember 2024
Zeit: 08.00 Uhr (25 Minuten mit Q&A)
Sprache: Deutsch
Medium: Online-Event via Zoom

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Zugerberg Finanz Wirtschafts- und Börsenausblick – Januar 2025

Am Dienstag, 14. Januar 2025 und Dienstag, 21. Januar 2025 findet im Theater Casino in Zug sowie im KKL in Luzern die 34. Ausgabe des Zugerberg Finanz Wirtschafts- und Börsenausblicks statt. Durch das Programm führt der Gründer und CEO Timo Dainese. Chefökonom Prof. Dr. Maurice Pedergnana und CIO Cyrill von Burg erläutern in einer Podiumsdiskussion die Aussichten für die Wirtschaft und die Kapitalmärkte.

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Zugerberg Finanz Wirtschaftsworkshops für Jugendliche – März 2025

Jugendliche begeistern und motivieren! Am Samstag, 1. März 2025 sowie Samstag, 8. März 2025 veranstalten wir unter den Titeln «Faszination Wirtschaft» und «Faszination Börse & Kapitalmärkte» zwei Tagesworkshops für Jugendliche. Die Tagesworkshops, die einzeln besucht werden können, richten sich an Jugendliche im Alter zwischen 13 und 17 Jahren.

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Marktdaten

Aktienmärkte Seit 31.12.23
SMI 11'780.7 +5.8%
SPI 15'693.9 +7.7%
DAX € 20'384.6 +21.7%
Euro Stoxx 50 € 4'977.8 +10.1%
S&P 500 $ 6'090.3 +27.7%
Dow Jones $ 44'642.5 +18.4%
Nasdaq $ 19'859.8 +32.3%
MSCI EM $ 1'105.1 +7.9%
MSCI World $ 3'855.1 +21.6%
Obligationenmärkte Seit 31.12.23
SBI Dom Gov TR 225.8 +5.1%
SBI Dom Non-Gov TR 120.6 +4.9%
Immobilienmärkte Seit 31.12.23
SXI RE Funds 542.7 +17.4%
SXI RE Shares 3'633.5 +13.2%
Rohstoffe Seit 31.12.23
Öl (WTI; $/Bbl.) 67.2 –6.2%
Gold (CHF/kg) 74'401.7 +33.3%
Wechselkurse Seit 31.12.23
EUR/CHF 0.9286 0.0%
USD/CHF 0.8788 +4.4%
EUR/USD 1.0568 –4.3%
Kurzfristige Zinsen
3M Prog. 3M Prog. 12M
CHF 0.95% 1.0%–1.2% 1.0%–1.2%
EUR 2.87% 3.2%–3.4% 2.7%–2.9%
USD 4.43% 5.0%–5.1% 3.8%–4.2%
Langfristige Zinsen
10-Jahre Prog. 3M Prog. 12M
CHF 0.26% 0.5%–0.7% 0.6%–0.9%
EUR 2.12% 2.2%–2.5% 2.1%–2.3%
USD 4.15% 4.0%–4.3% 3.3%–3.6%
Teuerung
2023 2024P 2025P
Schweiz 1.5% 1.3% 1.0%
Euroland 2.6% 2.2% 2.1%
USA 3.0% 2.0% 2.2%
Wirtschaft (BIP real)
2023 2024P 2025P
Schweiz 1.3% 1.3% 1.0%
Euroland 1.2% 1.5% 2.0%
USA 2.6% 2.3% 1.7%
Global 2.9% 3.2% 3.2%
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