„Victorinox-Betrüger“ verurteilt: Eine kleine Einführung zum Finanzbetrug und wie Sie sich schützen können

Presse

Man muss sich zwangsläufig fragen, wieso Anleger immer wieder auf Firmen oder Einzelpersonen hereinfallen, obwohl der Finanzmarkt doch eigentlich grundsätzlich überwacht ist (bspw. durch die FINMA in der Schweiz, die BaFin in Deutschland, die FMA in Österreich oder im Fürstentum Liechtenstein). Einige aktuelle Beispiele zur Veranschaulichung: Diese Woche sind die Urteile im IPCO-Prozess rund um die „Victorinox-Betrüger“ vor dem Schwyzer Strafgericht ergangen. Die IPCO Investment AG soll von 1997 bis 2004 von mehreren hundert Anlegern Geld entgegengenommen haben, um in Devisen zu investieren. Die Investitionen sind hingegen unterblieben und das Geld ist ins Ausland verschoben worden; der Schaden für die Anleger beläuft sich auf über 120 Mio. Franken. Zu den geschädigten Anlegern gehört der Sackmesserhersteller Victorinox aus dem schwyzerischen Ibach, welcher 12 Mio. Franken verloren haben soll. Zu den drei Beschuldigten zählt ein Vermögensverwalter, welcher zu  einer bedingten Freiheitsstrafe von 24 Monaten und einer Geldstrafe verurteilt wurde.

 

 

Im März berichteten die Medien darüber, dass ein Schweizer Vermögensverwalter in Kanada angeklagt wurde. Vorgeworfen wird ihm, dass er Gelder aus illegaler Quelle besessen und Geld gewaschen habe. Darüber hinaus soll er fragwürdige Aktien vermittelt haben. Weiterhin firmiert er als einzelzeichnungsberechtigter Verwaltungsratspräsident einer Firma im Kanton Zürich. Seit Mitte Februar ist über einen riesigen Anlageskandal im Zusammenhang mit der Frankfurter Immobiliengruppe S&K zu lesen. Unter Anleitung der Frankfurter Staatsanwaltschaft haben Mitte Februar ca. 1200 Beamte an etwa 130 Orten in Deutschland private und geschäftliche Räumlichkeiten von S&K und deren Partnerfirmen durchsucht. Mehrere Personen wurden festgenommen. Vorgeworfen wird den involvierten Personen bandenmässiger Betrug mit einem Schaden im hohen dreistelligen Millionenbereich. Diesen Januar war Manfred Schmider wieder vor Gericht, einer der Hauptakteure im schwersten Fall von Wirtschaftskriminalität Deutschlands, FlowTex. In den Neunzigern verkaufte FlowTex über 3‘000 Grossbohrmaschinen zum Stückpreis von 1,5 Mio. Deutsche Mark. Real existierten aber nur 270 Maschinen. FlowTex verkaufte ein und dieselbe Maschine einfach mehrfach und leaste sie zurück; dabei soll sogar das Management selbst die Prüfplaketten „nachbearbeitet“ haben.  Die Basler Kantonalbank stellte im Rahmen des letzten Jahresabschlusses 50 Mio. Franken zurück, um geschädigte Anleger von ASE Investment AG befriedigen zu können. Die Staatsanwaltschaft vermutet, dass die ASE Investment AG ein Madoff-ähnliches Anlagebetrugsmodell betrieben hat.

 

Ähnliche Systeme

Die Finanzbetrügereien ähneln sich. Viele basieren auf Schneeball- bzw. Pyramidensystemen (Ponzi, Madoff, European Kings Club, etc.). Die Idee ist einfach: Der Betrüger nimmt Geld von verschiedenen Personen entgegen. Mit dem Geld werden erste Renditen ausbezahlt, ohne dass wirklich eine Rendite erzielt worden wäre, denn an einer operativen Geschäftstätigkeit fehlt es. Nach aussen wird der Anschein erweckt, dass hohe Renditen erzielt würden und immer mehr Anleger bezahlen Geld in das System ein.  Das kann lange gut gehen, bspw. hat Madoff sein System über 15 Jahre hinweg betrieben.  Dabei schenkten ihm bzw. seinen Fonds namhafte Banken das Vertrauen und waren mitunter Teil seines Netzwerks. Eine andere Variante ist es, Aktienblasen zu erzeugen, indem gefälschte Buchhaltungsunterlagen vorgelegt und falsche Versprechungen gemacht werden (Enron, Südseeblase, etc.).

 

 

Daneben werden bspw. inexistente Vermögenswerte verkauft, Wertpapier- und Steuerbetrügereien begangen, oder es wird Geld veruntreut und Geld gewaschen. Viele Untersuchungen wurden geführt, wieso Finanzbetrüger immer wieder zu ihrem Ziel kommen. Gründe sind insbesondere, dass der Anleger dem Betrüger vertraut (im Englischen wird auch der Begriff „conman“ verwendet, also „Vertrauensmann“). Zudem erkennt der Finanzbetrüger die Schwächen seines Opfers und weiss diese gekonnt auszunutzen. Daher wird der Antriebsmotor eines Finanzbetrugs häufig die Geldgier des Anlegers sein. Viel zu oft versprechen die Betrüger utopische Renditen, ohne dass diese Angaben vom Anleger hinterfragt würden. Hat der Anleger endlich erkannt, dass er betrogen wurde, schämt er sich vielleicht die Informationen weiterzugeben, wodurch die zuständigen Behörden sehr spät Kenntnis vom Betrugsmodell erlangen. Eine schwache Finanzmarktaufsicht oder ein liberales Strafrecht können den Finanzbetrug weiter begünstigen.

Schützen Sie sich!

  • Als Anleger können Sie sich schützen, indem Sie das Produkt bzw. die involvierten Personen und Firmen über das Internet überprüfen, bspw. über Suchmaschinen oder das Handelsregister. Die FINMA stellt eine Warnliste bereit, welche Sie konsultieren können. Eine Garantie für eine sichere Anlage haben Sie damit zwar noch nicht, wohl aber können Sie einen ersten Eindruck gewinnen. Vielleicht finden Sie in Internetforen Hinweise über die involvierten Personen und sind dann bereits durch andere Anleger gewarnt. Allenfalls können Sie auch von Geschäftspartnern oder Banken Auskünfte einholen.
  • Lassen Sie sich nicht unter Zeitdruck setzen, bspw. bei der Vertragsunterzeichnung. Kontaktiert Sie der Verkäufer des Produkts am Telefon und verspricht Ihnen ein ungemein vorteilhaftes Angebot, weil die Aktie aufgrund eines angeblichen Börsengangs demnächst teurer wird, lehnen Sie den Kauf ab. Sollte es sich um einen seriösen Anbieter handeln, wird er sich auch persönlich mit Ihnen und ohne Zeitdruck besprechen wollen.
  • Fragen Sie ferner danach, ob das Produkt verständlich und insbesondere die versprochene Rendite realistisch ist. Werden hohe Renditen versprochen, ist immer danach zu fragen, wieso nicht früher schon jemand auf die Idee gekommen ist, das angepriesene Geschäftsmodell zu betreiben.
Gerne stehe ich Ihnen als Rechtsanwalt bei Fragen oder Unsicherheiten zur Verfügung. Beachten Sie bitte auch unsere Veranstaltungshinweise; an einer der nächsten Veranstaltungen werden wir die Thematik des Finanzbetrugs vertiefen.
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